Kastration beim Hund - ja oder nein?

          Medizinische Notwendigkeit oder Bequemlichkeit?

Ein stark diskutiertes Thema.

 

Wann macht die Kastration Sinn und wann nicht?

Ist sie durch das Tierschutzgesetz erlaubt?

Verändert sich der kastrierte Hund?

Werden durch eine Kastration alle unerwünschten Verhaltensweisen „weggeschnitten“?

Der Eingriff ist laut Tierschutzgesetz verboten, außer es liegt ein medizinischer Grund vor.

Die Amputation von Körperteilen bei Wirbeltieren ohne medizinischen Grund ist verboten!

Das bedeutet, dass ein Tier keinesfalls aus reiner Bequemlichkeit heraus kastriert werden darf.

Die Kastration ersetzt auch nicht die Erziehung des Hundes und ist auch kein Allheilmittel. Auch Rangordnungsprobleme zwischen Hund und Besitzer können nicht durch eine Kastration gelöst werden.

 

Frühkastrationen

Der gegenwärtig zu beobachtende Trend zur Frühkastration ist sehr besorgniserregend. Von einer Frühkastration spricht man, wenn bereits vor Ende der Pubertät (bei Hündinnen vor der ersten Läufigkeit) kastriert wird. Der Trend kommt aus den USA, wo diese Praxis an der Tagesordnung ist. Dabei entstehen vor allem negative Folgen für die Hunde.

Die betroffenen Tiere können aggressiver gegenüber gleichgeschlechtlichen Artgenossen werden und sind insgesamt unsicherer. Auch ihre geistige Leistungsfähigkeit ist noch nicht voll ausgereift, da sich das Gehirn unter dem Einfluss der Sexualhormone in der Pubertät nochmals weiterentwickelt. Deshalb bleiben sie in der körperlichen Entwicklung zurück und werden nie richtig erwachsen.

Körperliche Nebenwirkungen der Frühkastration können sein:

* Wachstumsstörungen oder -verzögerungen: Durch den Hormonschub in der Pubertät wird das Längenwachstum der langen Röhrenknochen abgeschlossen. Sind in diesem Entwicklungsstadium die entsprechenden Hormone in zu geringer Menge vorhanden, kann es je nach Rasse zu Größenwachstum oder Kümmerwachstum kommen.

* Anfälligkeit für Skeletterkrankungen: Beim Rüden werden die Muskeln durch den Mangel des Sexualhormons Testosteron schwächer ausgebildet, dadurch wird das Bindegewebe stärker beansprucht, was die Anfälligkeit für Erkrankungen des Bewegungsapparates erhöhen kann. Bei Hündinnen kann es zu Mineralstoffwechselstörungen und sogar zu Knochenveränderungen kommen. Einer Studie zufolge erkranken kastrierte Hunde beiderlei Geschlechts häufiger an Knochenkrebs als unkastrierte.

 

Häufig wird geraten, Hündinnen vor der ersten Läufigkeit kastrieren zu lassen, um Gesäugetumoren vorzubeugen.

Mammatumore sind jedoch längst nicht so häufig, wie es oftmals behauptet wird. Außerdem können Mammatumore auch bei kastrierten Hündinnen hormonunabhängig auftreten.

 

Kastration beim Rüden

Es gibt leider immer wieder Hundeschulen und auch viele Tierärzte, die eine Kastration des Rüden bei unerwünschtem Verhalten empfehlen. Doch viele Probleme, die mit dem Sexualhormon Testosteron in Verbindung gebracht werden, lassen sich durch eine Kastration überhaupt nicht beeinflussen wie z.B.: Jagen, Wachsamkeit, Angstaggression, Dominanzprobleme (hier geht es um die Beziehung Hund - Halter und nicht um die Hormone des Hundes).

Eine Kastration beim Rüden ist nur angezeigt bei körperlichen Erkrankungen wie:

* Hodentumore

* Prostataerkrankungen

* nicht ausheilende Vorhautentzündungen

* Kryptorchismus (nicht vollständig abgestiegene Hoden können zu Tumorbildung neigen)

 

Kastration bei Hündinnen

Medizinische Gründe für eine Kastration bei Hündinnen sind:

* Gebärmuttereiterung (Pyometra)

* Gesäugetumore

* Probleme im Zusammenhang mit der Scheinträchtigkeit

 

Die Scheinträchtigkeit ist für die Hündin normal. Sie liegt in der Natur des Hundes.

In einem Wolfsrudel wird nur die Alphawölfin gedeckt. Damit aber die Jungen optimal versorgt werden können, werden die anderen Wölfinnen scheinträchtig, bilden Milch und können die Welpen mitversorgen.

Das ist natürlich bei einem Familienhund nicht der Fall und deshalb kann es bei immer wieder auftretenden Scheinträchtigkeiten zu starken hormonellen Veränderungen kommen. Das wäre ein Grund zur Kastration.

Wer allein wegen der Unannehmlichkeiten in der Läufigkeit seine Hündin kastrieren lässt, der verhält sich vor allem tierschutzwidrig. Zum Lebewesen Hund gehören sein geschlechtsspezifisches Verhalten und seine Wesensveränderung, wenn er erwachsen wird. Wer nicht bereit ist, das mit seinem Hund zu erleben, der sollte besser auf das Halten eines Hundes verzichten!

 

Nebenwirkungen einer Kastration

* Kastrierte Hunde entwickeln mehr Hunger und neigen daher zum Dickwerden.

* Das Risiko der Inkontinenz (Harnträufeln) ist nicht unerheblich.

* Das Fell kann sich verändern.

* Es kann auch zu Verhaltensänderungen kommen. Es gibt eine Studie, die besagt, dass Hündinnen nach der Kastration vermehrt aggressiv oder ängstlich wurden.

 

Unsere Hunde brauchen sowohl für ihre körperliche Entwicklung als auch für die Entwicklung ihrer Persönlichkeit ihre Hormone.

Hundebesitzer sollen sich vor so einer Entscheidung sehr gut informieren und nicht denken, dass dadurch alle Probleme beseitigt werden.

Die Kastration ist eine Operation, die nicht mehr rückgängig gemacht werden kann!!!

Es kann auch nicht die Aufgabe eines Tierarztes sein, gesunde Organe zu entfernen um Krankheiten vorzubeugen!

 

Evelyn Gaber
Hauptzuchtwartin des ECA